Marco Pogačnik
Die Heilige Landschaft
Landschaftsbilder, wie sie reichlich auch im Opus Hermann Falkes zu finden sind, kann man sehr einfach mit der expressiven Landschaftsmalerei verwechseln, so wie sie im 20. Jahrhundert entwickelt wurde. Glücklicherweise gibt es im Opus eine Reine von Bildern, gemalt auf Zinkplatten, die „Opferkrüge der Demeter“ bezeichnet werden. Da sieht man - oder besser: spürt man - riesige, kelchähnliche Gefäße, die vor einer offenen Landschaft stehen. Da Demeter als antike Göttin für die Lebensfülle und Fruchtbarkeit der Erde und folglich auch der Landschaft steht, bekommt man eine Ahnung, woher das ergreifende Gefühl strömt, das man, die einfachen Landschaftsbilder Hermann Falkes betrachtend, spürt: bei den Landschaftsbildern von Hermann handelt es sich nicht um die Reinterpretation der Landschaftsphänomene, sondern um eine tiefgreifende und doch gewöhnlich unerkannte Wiedergabe der sakralen Dimension der Landschaft. Mit der „Heiligen Landschaft“ bezeichne ich die feinste der verschiedenen Ebenen, aus denen sich die Mehrdimensionalität der Landschaft zusammensetzt. Dazu zählen die physisch-taktile Landschaft (biologische), die vitalenergetische Ebene (ätherische), die Gefühlsebene (das Bewusstsein der Landschaft samt ihren Elementarwesen) und letztendlich die geistige Ebene, die der Mensch als sakral wahrnimmt. Die sakrale Ebene wird oft als „Landschaftstempel“ bezeichnet. Der Ausdruck deutet darauf hin, dass die Landschaft in einer ihrer Ausdehnung der Ausdruck des Göttlichen ist. Das heißt aber nicht, dass in der Landschaft antike Tempel, megalithische Steinsetzungen oder Kirchenbauten stehen müssten, damit sie als heilig erkannt wird. Nein. Jede Landschaft mit ihren Kraftplätzen und Kraftfeldern ist ein Tempel, wenn ein Mensch fähig ist, die sich durch die Landschaft ausbreitende, sakrale Qualität zu erspüren.
Hermann Falke ist meiner Wahrnehmung nach ein Künstler, der durch seine künstlerische Entwicklung den verborgenen Zugang zur sakralen Ebene der Landschaft gefunden hat und fähig ist, sie malerisch auszudrücken. Er ist sogar imstande, den Landschaftstempel einzelner Plätze auszudrücken, ohne sekundäre Zeichen für die Heiligkeit einer Landschaft setzten zu müssen. Die Heilige Landschaft kommt bei ihm gewöhnlich durch das einfache, farbliche und handschriftliche Gewebe des Gemäldes zur Geltung, das mit einem besonderen Fluidum, man könnte sagen, einem bestimmten Kraftfeld durchdrungen ist. Dazu trägt sicherlich auch das Metall bei, auf das die meisten der betreffenden Bilder gemalt worden sind. Zink ermöglicht eine Art von gedämpftem Glitzern, durch das das erwähnte ätherische Fluidum getragen wird, um im Inneren der Betrachterin/des Betrachters die sakrale Qualität der Landschaft und der Erde hervorzuzaubern.
Die Göttin mit ihren Opferkrügen wird nur am Rand des Opus herangezogen, um zu sichern, dass das Moderne dem Profanen in der Landschaft hingegebene Bewusstsein, die Heilige Landschaft der Zinkplatten Hermann Falkes, nicht übersieht.
Katalog: „Hermann Falke Slike na cinku in aluminiju / Gemälde auf Zink und Aluminium“, Koroški muzej Ravne na Koroškem, 2001