HERMANN FALKE

Katalogtexte

Dr. Egon Kapellari

Gedanken über Hermann Josef Falke

Einige Monate vor seinem Tod hat Hermann Josef Falke im Herzklinikum Aachen mit seiner Frau Renate ein ernst-heiteres Gespräch geführt, das in sanfter Ironie dem Schema eines von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung anderen Zeitgenossen präsentierten Fragebogens folgte.

Frau Falke hat mich gebeten, einige Gedanken zum Religiösen in diesen 37 Fragen und in Falkes Antworten darauf beizutragen. Diese Einladung führte zu einer ersten Begegnung mit diesem Künstler und seinem Werk und zum Wunsch, das Gespräch mit beiden weiterzuführen. 

Die Fragen aus der Frankfurter Zeitung handeln in mehreren Teilen von sogenannten „Letzten Dingen“. Unter diesem Titel fasst die christliche Theologie die Themen „Tod, „Gericht“ und „Ewiges Leben“ zusammen. Falke hat aber auch jene anderen Zeitungsfragen, denen profunde Antorten meist versagt bleiben, zu Fenstern werden lassen, die ins Metaphysische weisen. 

„Wie möchten sie sterben?“ Diese Frage benannte eines der Hauptthemen in Falkes Leben und Werk, mit dem er schon in der Kindheit und Jugend umging, angeregt besonders durch traumatische Erlebnisse in der Kriegszeit. Der Tod, den er nun erwartet, erscheint ihm als ein sanftes Hineinsterben in die Hände Gottes. Falke wollte diesen Tod annehmen im katholischen Glauben, der ihm im westfälischen Sauerland in einer ihn beglückenden Gestalt begegnet und eingeprägt worden war. Mit dem Choral des evangelischen Thomaskantors Johann Sebastian Bach wollte er zu Gott sagen: „Vor Deinen Thron tret ich hiermit.“ In einer Gesellschaft, welche die „ars moriendi“, die „Kunst des Sterbens“ weitgehend verdrängt hat, ist dieses Zeugnis besonders kostbar.

Die sechste der Fragen zielt auf Falkes „Lieblingsgestalt in der Geschichte“. Die Antwort lautet „Jesus Christus“. Im Blick auf das Werk des westfälischen Künstlers, in welchem Bezüge zur griechischen Antike bis zuletzt immer wieder offenbar werden, mag man sich angesichts dieses Bekenntnisses an ein leises Wort Friedrich Hölderlins erinnern, das Christus im Horizont der griechischen Götter und Heroen als den Größten erscheinen lässt: „Wie Fürsten ist Herakles, Gemeingeist ist Bacchus, Christus aber ist das Ende.“ 

Das Religiöse, wie es bei Falke zu Bild und Wort kommt, hat in Deutschland, der Heimat dieses noblen Mannes, gegenwärtig - wieder mit Hölderlin gesprochen - eine „dürftige Zeit“ zu bestehen. Aber es kann auf seine Wiederkehr warten, weil es stärker ist als alle Winterzeit, die seinen Glanz verhüllen. Auch die Bilder Hermann Josef Falkes können darauf warten, dass die Gemeinde derer unspektakulär anwächst, die im Schauen auf sie beschenkt und verwandelt werden. „Im Winter wächst das Brot“.

Katalog: „Hermann Falke Unser Leben ist ein Schatten“, Galerie-Galerija Falke Loibach / Libuče, 1997

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